Guten Morgen,
während jeden Tag in der Ukraine das Morden der russischen Invasoren weitergeht, simuliert Trump “gute Fortschritte.” Ziel soll wohl ein Waffenstillstand vor Ostern sein. Aktuell muss man davon ausgehen, dass das nur mit heftigstens Zugeständnissen der ukrainischen Seite geht. Aber wir werden sehen.
Für uns aktuell wichtig ist definitiv die Frage der europäischen Aufrüstung. Rearm Europe ist ein mehrstufiger Prozess, der zunächst zur Freisetzung von 800 Milliarden Euro in der EU führen kann. In Ergänzung mit Ausgaben wie den jüngst beschlossenen 500 Milliarden in Deutschland, die auch für Rüstung ausgegeben werden, bedeutet das einen guten Boost für unsere Verteidigungskapazitäten.
Leider gibt es in diesem Sektor eine massive Diskrepanz zwischen freigegebenen Geld und tatsächlich neuen Fähigkeiten. Budget heute kann teilweise zu neuen Kapazitäten erst in Jahrzehnten führen. Und gerade die unten beschriebene F-35 Debatte zeigt, wie strategisch und tief-strukturell große Rüstungsvorhaben wirken: Unsere Abhängigkeit ist eben doch sehr hoch.
Aber: Positiv denken. Vielleicht bewegt sich Europa doch.
Einen guten Wochenstart.
Gerald
Ukraine und Sicherheitspolitik
Die subjektiv interessantesten sicherheitspolitischen Links der letzten Tage
„Friedensverhandlungen“ à la Trump
ISW, 23. März 2025
In Riyadh trafen sich am 23. März hochrangige US- und ukrainische Delegationen, um über ein Moratorium für Langstreckenangriffe und eine mögliche Waffenruhe im Schwarzen Meer zu verhandeln. Auf ukrainischer Seite sitzt u.a. Verteidigungsminister Umerov am Tisch, Washington schickt Vertreter aus Weißem Haus und State Department. Doch der Ablauf folgt einem bekannten Muster: Die Ukraine zeigt sich kompromissbereit, Russland lehnt freundlich ab – und geht währenddessen militärisch in die Offensive. Trump nennt das trotzdem einen „ermutigenden Fortschritt“. Wer hier den Frieden verhandelt, ist offen – wer dabei verliert, nicht.
Russlands aktuell definierte Kriegsziele
ISW, 16. März 2025
Und damit man mal versteht, was die aktuellen russischen Kriegsziele sind: Putin behauptete kürzlich, "Noworossija" sei ein integraler Bestandteil Russlands, und sein Kofferträger Peskow definierte "Noworossija" als das rot schraffierte Gebiet
Die rote Linie unten ist die aktuell russisch besetzte Ukraine. Russland muss mindestens noch mehr als das doppelte des aktuell besetzten Gebiets in der Ukraine erobern, um seine Ziele zu erreichen.
F-47 ausgerollt
Sandboxx, 22. März 2025
Ausgewachsene Kampfjets stellt auch die US-Luftwaffe nur alle paar Jahrzehnte vor. Deshalb ist dieser Rollout vom letzten Freitag schon ein großes Ding: Boeing baut den neuen F-47 NGAD – sechste Generation Stealth, Drohnenschwärme, Hyperschall, elektronische Kriegsführung inklusive. Trump persönlich verkündete den 20-Milliarden-Dollar-Deal. In Zeiten, in denen Amerika selbst zur Herausforderung für Europa wird, demonstrieren die USA, wie weit sie militärtechnisch enteilt sind. Während Europa noch Flugzeuge der 4. Generation wartet, betritt mit der F-47 den die 6. Jet Generation die Konflikte der 2030er.
Der F-35 Vertrag mit den USA ist blanker Horror
t-online, 19. März 2025
Zurück zu den erst 2027 zu liefernden Jets der 5. Generation, die wir von Trump geliefert bekommen. 8,3 Milliarden kostet uns die F-35. Ein Viertel wurde bereits überwiesen. Und auch wenn in den letzten Wochen viel über den “Kill Switch” diskutiert wurde (also eine Art Fernsteuerung aus den USA) für den Tarnkappenjet, um ihn unbrauchbar zu machen: Den braucht es gar nicht. Denn Logistik, Technik und - wie jetzt klar wird - der F-35-Kaufvertrag haben es in sich. Sie sind der “Kill Switch”.
Luftwaffe-Missionen mit der F-35 müssten allen Ernstes bei den USA angemeldet und freigegeben werden. Die USA behalten sich laut Bericht vor, sämtliche Software-Updates zu kontrollieren, Zugriff auf Betriebsdaten zu haben und können selbst entscheiden, ob die Jets bei zukünftigen Missionen einsatzfähig bleiben. Datenschutz der gesammelten Einsatzdaten? Not really. Und natürlich können die USA die Jets einfach auch nicht liefern, wenn sie wollen. Ernsthaft: Wer unterschreibt sowas 2022?
Kein Deal, viel Propaganda: Die Mär von der NATO-Osterweiterung
CEPA, 19. Februar 2024
Es gab nie ein Versprechen, die NATO nicht nach Osten auszudehnen. Dafür seit Jahren jede Menge russische Propaganda, die genau das behauptet – bequem für Putin, um Krieg als „Reaktion“ verkaufen zu können. Fakt bleibt: Osteuropäische Staaten wollten Schutz vor Russland. Ich würde es auch wollen.
Wie Amerika aus der NATO austreten könnte
Newsweek, 21. März 2025
Der NATO-Vertrag erlaubt jedem Mitglied den Austritt – einfach per Kündigung, gültig nach einem Jahr. Doch in den USA ist unklar, ob der Präsident das allein anordnen darf. Trump könnte es per Dekret versuchen, müsste aber mit Klagen und Widerstand aus dem Kongress rechnen. Einfacher (und wahrscheinlicher) wäre der inoffizielle Weg: Budgetkürzungen, Truppenabzug, Beistandspflicht infrage stellen. Ergebnis: Die NATO kollabiert, ohne dass je eine Kündigung auf dem Tisch lag.
Das war meine kurze Sicherheitspolitik-Presseschau für heute. Wer diesen Newsletter weiterempfehlen mag: Sehr gerne.
Слава Україні!,