Ukraine Bookmarks 578
Neue Bellonas Ukraine Leseliste am 578. Tag des Ukraine Kriegs (24. September 2023)
#UkraineBookmarks ist eine kuratierte und kommentierte Liste von Links zum Ukraine Krieg, die ich aktuell lesenswert finde und teilen möchte. Ukraine Bookmarks ist eine Art bewerteter Mini-Presse-Reader zum schlimmsten und wahrscheinlich folgenreichsten Krieg in Europa seit 1945 mit den subjektiv lesenswertesten Posts dazu. Meinen anderen Newsletter
findet ihr hier.548 Tage Krieg: Reconquista
Meine normale zwei-Wochen-Neue-Bellona-Erscheinungsweise habe ich aktuell leider gerissen. Mein Urlaub lag auf dem letzten Erscheinungstermin, und auch wenn ich die ungewohnte Freizeit nicht nur lesend sondern auch schreibend mit der Ukraine (und meinem eigentlichen Job) verbringen wollte, man braucht manchmal etwas Luft. Ganz einfach ist das Thema Ukraine ja nicht. Der einzige Grund, warum ich noch auf twitter / X bin, ist in der Tat ein Reichtum an Echtzeit-Quellen, die ich nirgendwo anders bekomme. Und wie twitter ebenso ist: Man bekommt auch das Gegenstück zu nüchternen Analysen. Denn die Meinungshoheit in unseren Digital-Medien ist Teil der Info-Warfare. Es ist schon beeindruckend, wie durchorganisiert die Kreml-Blase auch bei uns Desinformation betreibt. Mit moralischen Folgen für jeden, der sich damit beschäftigt.
Nein. Besser geht es einem als Mensch damit nicht.
Was ich gerade zu sehen glaube
Ich muss mich für die flapsige Sprache entschuldigen. Es geht um Menschen und viele, viele Schicksale. Aber für mich hat der Ukraine Krieg aktuell viel von diesem Fußballspiel, das noch 3 Minuten hat und die eigentlich unterlegene Mannschaft das eigentlich überlegene Team erfolgreich in die Ecke gestellt hat. Das Bild der Fußballmannschaften ist deshalb schwierig, weil “das Siegtor” jetzt oder in zwei Jahren fallen kann und sehr viele Faktoren 24/7 einen Einfluss haben können.
Schafft die Ukraine in den nächsten Wochen noch den Schnitt ans Asow’sche Meer, hat das große Folgen - möglicherweise nicht sofort morgen aber sicher in drei Monaten oder einem halben Jahr. Schafft sie den Schnitt nicht, hat das auch Folgen. Klar ist, dass es eine große, unsichtbare Uhr gibt, die mit Wetter, Bewegung und Geduld im Westen zu tun hat. Und man weiß nicht, wo sie steht. Am Ende geht es um Leben. Aber es geht auch um die Motivation die Ukraine weiter zu unterstützen. In Deutschland habe ich zunehmend das Gefühl, dass sich hier eine Mischung aus kolonialem Germansplaining (“die sollen mal aufhören sich totzuschießen”) und klassischem Anti-Amerikanismus (“jaahaaa, aber die haben ja in Kyiv geputscht gegen die armen Russen”) seine Bahn bricht. Und je länger der Krieg dauert, umso mehr kann sich Herr Putin darauf verlassen, dass wir die Lust verlieren - vor allem mit steigendem Wahlerfolg für unseren politischen Narrensaum.
Gut: Läuft die Isolation der Krim
Wir alle haben uns ja “die Offensive” ein bisschen so wie in Charkiw im September 2022 vorgestellt. Ein handlicher Schnellvormarsch, der gut ins Fernsehen passt und nach dem (fast) alles klar ist. Tatsächlich spielt die Ukraine lange Pässe und muss sich den Gegegebenheiten anpassen - und das sind eben gut ausgebaute russische Verteidigungsstellungen. Und dafür hat man scheinbar ein Rezept gefunden: Man steht zwar mit den eigenen Truppen im Süden immer noch “nur” ein paar Kilometer weiter als vor vier Wochen, dafür ist auch klar, dass die Krim keinen Sturmangriff erleben wird. Denn sie soll logistisch ausgehungert werden und erst nach Ende der Versorgung “übernommen” werden. Das Ziel deutet also viel eher auf das Modell Kherson-Offensive hin, die nach Charkiv auf eine eher langsame, logistisch bedingte Kapitulation der Russen setzte (und Tage vor der Einnahme von Kherson als zu langsam und bereits gescheitert verlacht wurde). In diesem Typ “langsamer, strukturierter, logistisch unterstützter Vormarsch” liegt die einzige Siegformel gegen einen gut befestigten Gegner und hier ist die Ukraine scheinbar auf einem guten Weg. Dauernde Angriffe auf die Schwarzmeerflotte und die russische Luftverteidigung, auf Logistik-Knotenpunkte und Hauptquartiere machen klar: Man will im Norden die Logistik von Osten kappen (v.a. über das bald erreichte Tokmak). Den Rest erledigt man über das Zumachen der Brücken und des Marine-Verkehrs.
Gut: Läuft das strategische Spiel der Ukraine
Erstaunlichen Erfolg hat die Ukraine dabei vor allem mit Blick auf “Deep Strikes”. Also all das, was Kommando & Kontrolle v.a. auf der Krim ermöglicht.
Gestern flog das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol, wohl mitsamt seines leitenden Admirals Sokolow, nach zwei ukrainischen Marschflugkörpern in die Luft (Video hier).
In den letzten Wochen machte die Ukraine zudem mit weiteren sehr spektakulären Angriffen im Krim-Hinterland von sich reden. Die Ukraine, ein Land ohne Marine, versenkte vor zwei Wochen ein fortgeschrittenes russisches Kilo-Uboot und ein großes Ropucha Amphibien-Schiff bei einem Angriff auf ein Trockendock (WTF). Und gleichzeitig degradierte die Ukraine die russische Luftabwehr auf der Krim in mehreren sehr schmerzhaften Schlägen. Kurz nach dem Angriff auf Sewastopol zerstörte die ukrainische Luftwaffe mehrere russische S-400 Batterien, die eigentlich als besonders leistungs- und reichweitenstark galten. Rund um den 20. September dann noch ein weiterer ukrainischer Luftangriff auf die russische Basis Saky auf der Krim, dessen Ergebnisse unklar noch sind, und ein Haufen kleinerer, undokumentierter Deep-Strikes und Partisanen-Aktionen, die es nicht immer auf die SPIEGEL-Titelseite schaffen (Beispiel: Sabotage auf dem Moskau-nahen Flughafen Chkalovsky Anfang der Woche).
Um hier auch in den nächsten Wochen weiterzukommen braucht die Ukraine übrigens deutsche Taurus Marschflugkörper und amerikanische ATACMS Raketen, weil die Arsenale britischer und französischer Storm Shadow/SCALP Marschflugkörper logischerweise langsam leer gehen. ATACMS Raketen wurden jetzt ja zumindest von Biden im kleinen Maßstab angekündigt, was wohl vor allem den Sinn hat, Scholz zur versprochenen Taurus-Lieferung zu zwingen. Das ist gut und richtig, hätte aber viel früher kommen müssen.
Aber gleich wie: Die Krim wird gegenüber Angriffen aus der Luft zunehmend schutzlos, und Russlands Schwarzmeerflotte dürfte kurzfristig sehr große Probleme haben, überhaupt noch etwas anderes als Terrorangriffe aus der Ferne auf Kyiv hinzubekommen. Als kämpfende Beherrscherin des Asowschen Meeres sieht für die Schwarzmeerflotte zunehmend düsterer aus: Versenkte und durchlöchtere Schiffe nachzubauen, dauert Jahre und über den Bosporus gibt’s keinen Nachschub für Russland. Dafür gibt es viele fast unsichtbare ukrainische Seedrohnen. Aber klar ist auch: Jeder Erfolg ist zeitlich begrenzt und die Anzahl an westlichen Marschflugkörper schwindet. Jedes russische Hauptquartier wird wieder aufgebaut, jeder tote General oder Admiral ersetzt. Ob es dann noch Marschflugkörper gibt und sich Lücken in militärische Erfolge auf dem Boden übersetzen lassen, liegt auch an unserem Willen zu liefern.
Unklar: Überwindung der Surowikin Linie
Der Teil, der akut am meisten Unklarheit stiftet und auch gleichzeitig am meisten zur Desinformation einlädt, ist der Stand des physischen Überwindens der sog. Surowikin Linie. Geografisch hat sich da nur marginal etwas bewegt.
Nach wie vor fokussiert sich der Vormarsch vor allem auf zwei Bereiche: West-Zaporizhzhia im Süden und Bakhmut im Donbass. Im Süden dreht es sich um einen kleinen Keil zwischen Verbove und Tokmak, in der hunderte-Kilometer-langen Frontlinie der Ukraine, der den Schnitt zum Asowschen Meer möglich machen soll. Hier schieben sich ukrainische Verbände seit Juni unter schwersten Bedingungen und mit schweren Verlusten durch kilometerbreite Minenfelder - und das unter andauernden Drohnen-, Hubschrauber- und Artillerieangriffen. Ein absoluter Höllenjob, bei dem es für Angreifer und Verteidiger wenige Überraschungen gibt. Denn das offensichtliche Ziel ist der aktuell russisch besetzte Verkehrsknotenpunkt Tokmak, an dem diverse Eisenbahnlinien und Fernverkehrsstraßen zusammenlaufen. Ist Tokmak unter ukrainischer Kontrolle, dürfte die Krim nur noch schwer zu versorgen sein. Tokmak kontrolliert die Ost-West-Logistik im südlichen Zaporizhzhia.
Ja, das Tempo nach Tokmaks ist ohne Zweifel langsamer als erhofft, weil sich die russische Verteidigung durch den langen ukrainisch-russischen Kampf um Bakhmut und zu späte westliche Lieferungen zu gut vorbereiten konnte. Der Start der Offensive kam so spät, dass man die Surowikin Linie eben gut ausbauen konnte. Und: In den letzten Wochen zeigte sich dort auch, dass nicht mehr Leopard-2-Panzer den entscheidenden Unterschied gemacht hätten sondern mehr Minenräumgerät, von dem es eben auch im Westen nur begrenzt Vorräte gibt. Wenn man von Game Changern spricht, dann sollte man nicht auf Panzer und F-16 schauen sondern primär auf Brückenbau-, Räum- und Minenräumpanzer.
Da die russischen Verteidigungslinien sehr tief gestaffelt sind, ist unklar, was es bedeutet, wenn die Ukraine eine dieser Linien genommen hat. Aber heute (Sonntag, 24.9.) meldet das ISW und andere, dass die Ukraine tatsächlich die letzte große, gut ausgebaute Surowikin Linie nun auch mit Fahrzeugen genommen hätte. Das bedeutet natürlich nicht, dass alle Probleme gelöst wären. Nicht mal ansatzweise. Aber damit wäre der härteste Teil der Defensivstellungen penetriert und der Vormarsch Richtung Tokmak leichter.
Wir werden sehen, was stimmt. Auch im Osten - im seit über einem Jahr währenden Kampf um Bakhmut schiebt sich die Ukraine vor und erobert Territorium. Ich würde Geld für eine Chronik aus der Zukunft geben, wie sich beide “langsamen” Schlachten entwickeln. Für die russische Propaganda ist die ukrainische Sommeroffensive bereits festgefahren und gescheitert. Die Ukraine arbeitet hingegen scheinbar mit dem Modell Kherson: Hinten die Logistik und die strategischen Systeme kappen und dann langsam an neuralgischen Punkten vorrücken. Ich hoffe, dass dieses System funktioniert - vor allem ohne Luftwaffe.
Unklar: Ist der Einfluss des Wetters
Herbst und Frühjahr sind Zeit für die “Rasputiza” in der Ukraine - die Schlammzeit. Sie diktiert, was möglich ist und was nicht, wenn ukrainische Straßen im Schlamm versinken und irgendwann gefrieren. Das hat Folgen vor allem für Fahrzeuge und den Bewegungskrieg, den die Ukraine anstrebt.
Gleichzeitig ist das Wetter immer eine Variable. Der anstehende Winter wird wieder russische Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur zur Folge haben. Aber er bedeutet natürlich auch eine logistische Herausforderung für die Invasoren.
Denn auch russische Lastwagen fahren schlechter während der Schlammperiode. Und auch russische Soldaten friern ohne die richtige Ausrüstung in ihren Schützengräben mit massiven Folgen für die Motivation.
Laut ukrainischem Generalstab begünstigt die anstehende Schlechtwetter- und Winterperiode den ukrainischen Vormarsch eher. In einem sehr interessanten Interview mit dem ukrainischen General, der die Südfront befehligt, sagt dieser:
“The weather can be a serious obstacle during advance, but considering how we move forward, mostly without vehicles, I don’t think [the weather] will heavily influence the counteroffensive”
Und zum Ziel der ukrainischen Reconquista:
“Tokmak is the minimum goal,” he said. “The overall objective is to get to our state borders.”
Schlecht: Laufen die strategischen Perspektiven der Waffenlieferungen
Sicher nicht gut läuft aktuell die strategische Perspektive für Waffenlieferungen an die Ukraine. Wer in der ARD Mediathek die dreiteilige Dokumentation “Ernstfall - Regieren am Limit” gesehen hat, in dem es um die Regierung Scholz in der Frühphase des Krieges ging, erinnert sich vielleicht noch an die leicht absurd-romantische Sichtweise auch unserer Regierung wie mit Waffenlieferungen umzugehen sei (“5.000 Helme”). Zugegeben: Deutschland ist mittlerweile zweitgrößter Unterstützer der Ukraine militärisch und die Regierung Scholz hat langsam verstanden, um was es da eigentlich geht. Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit. Denn jede Entscheidung hat ihre Zeit. Wenn man früh zu wenig liefert, kann man das später im Zweifel nicht mehr aufholen. Und wenn man jahrelang braucht, um militärische Produktion auf Stand zu bringen, hat man halt nicht genug Granaten.
Auf so ein Szenario läuft die Ukraine zu: Selbst wenn der Westen die Nerven behält (was ich nach AfD und möglichen Trump-Siegen in den USA für zweifelhaft halte), dürfte es Schwierigkeiten geben, die Ukraine dauerhaft zu versorgen - vor allem mit Munition. Russland verschoss letztes Jahr 10-12 Millionen Granaten. Der größte westliche Granatproduzent Rheinmetall schafft es pro Jahr 700.000 Stück 155mm Munition zu produzieren - und die ist, wohlgemerkt, nicht nur für die Ukraine. Europa hat sich zwar zur Aufgabe gesetzt, die Ukraine mit einer Millionen Granaten bis März zu versorgen. Aber es ist mehr als zweifelhaft, dass das gelingen kann. Und: Russland hat sich möglicherweise gerade dieses großen Nachschubproblems entledigt. Der belächelte russische “Deal” mit Nordkorea kommt. Man munkelt von 10 Millionen Granaten, die das zum russischen Munitionsvorrat addieren könnte. Und man munkelt von der Lieferung des fortgeschrittenen nordkoreanischen KN-09 Raketenwerfers, der den Russen eine Waffe im HIMARS-Format geben könnte. Klar: Logistik, Quantität und Qualität sind auf einer praktischen Ebene anzuzweifeln. Denn weder weiß man, wie alt nordkoreanische Granaten sind, noch ob man sie wirklich in nennenswerten Größenordnungen dauerhaft entlang der gesamten Länge Russlands transportieren kann. Aber selbst wenn es nur 3 Millionen Granaten wären, sind das immer noch mehr als viermal so viele Granaten wie Rheinmetall jährlich produzieren kann. Auf mittlere und lange Sicht wird das ein Problem, wenn der Westen es nicht lösen kann - übrigens auch für die eigene Sicherheit. Die beste deutsche Super-Haubitze bringt nichts, wenn sie keine Granaten hat.
“Infantry wins battles, logistics wins wars.” (General Pershing)
Lesenswerte Links der Woche
Was man diese Woche gelesen haben könnte.
1. Escalation in the War in Ukraine
RAND, September 2023
Diesen Link hat ausgerechnet Prof. Johannes Varwick geteilt. Also jemand, den ich eigentlich wegen seiner Sicht auf den Ukraine-Krieg in fast allen Bereichen ablehne. Aber diese Studie der RAND-Corporation ist dennoch lesenswert. Sie dreht sich um die Frage, wie das atomare Eskalationsrisiko zu bewerten ist. Persönlich glaube ich, dass es denkbar gering ist. Allerdings beschäftigen wir uns in der Tat zu wenig damit, was das praktisch bedeutet. Das Resultat sind seltsam unaufgeklärte Thesen, die sich immer irgendwie anhören wie die Yps-Heft Variante eines Atomkriegs (“Wenn Putin die Bombe einsetzt”). RAND ist hier halt ein Think Tank. Er hält die Wahrscheinlichkeit des Atomeinsatzes für gering aber unter bestimmten Umständen für möglich. Besonders interessant: RAND hat die These, dass Putin im Fall X nicht “eine taktische Atombombe” einsetzen würde sondern eher flächendeckend in der Ukraine den Einsatz proben würde. Es würde für ihn eh kaum keinen Unterschied machen.
Aber wie immer gilt:
2. Russland hat seine Truppen von der NATO Grenze abgezogen
Reuters, 16. September 2023
Der Chef der norwegischen Armee, General Eirik Kristoffersen, hat bis zu Finnlands NATO Beitritt eine der ganz wenigen NATO Grenzen zu Russland bewacht. Er hat einen recht guten Blick darauf, was auf der russischen Seite stationiert steht und was nicht. Seine Zusammenfassung nach eineinhalb Jahren Krieg in der Ukraine: Die russischen Truppen an der NATO Grenze sind bei unter 20% des Niveaus von vor dem Krieg. Da steht kaum noch wer.
Ein bisschen überraschend, wenn der Gegner angeblich doch die ach so aggressive NATO ist.
3. Wie sich die AfD dem Kreml andient
Correctiv, 22. September 2023
Es ist schon recht überraschend, dass man sich gleichzeitig das Label “Patriot” gibt und dann Parteimitglieder in russischen TV-Shows auftreten lässt, in denen Deutschland regelmäßig ein Atomschlag angedroht wird. Aber hey, wer sagt schon, dass das, was die AfD tut, irgendwie Sinn machen muss oder diesem Land dienen muss? Correctiv hat eine schöne Chronik des AfD-Koffertragens für den Kreml zusammengetragen. Ein kompletter moralischer Offenbarungseid einer Partei, deren eigentliches Credo zu sein scheint, immer das moralisch Verkommenste zu tun, was gerade denkbar ist. Wie sagte es AfD-Ex-Sprecher Lüth so richtig? "Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD".
4. Ein neuer russischer Rekrutierungsfilm
Russisches DoD, September 2023
Hässlicher wird es heute kaum noch. In einem neuen russischen Rekrutierungsvideo unterhalten sich zwei russische Soldaten beim Ukrainer:innen ermorden über ihre Immobilienwünsche in Kyiv und Odessa. Zugegeben: Dazu müsste man erstmal die Städte erobert haben. Aber falls jemand noch Fragen hat, ob es bei diesem Krieg für Russland um etwas anderes geht als mittelalterliche Eroberungen: Nein. Es ist wie bei den Wikingern oder den Hunnen (Link hier).
5. Fast-Abschuss eines britischen Aufklärers 2022
BBC, 14. September 2023
Für mich eigentlich die völlig wahnsinnigste und kaum gelesenste Meldung der letzten Wochen: Im September 2022 wurde eine britische Aufklärungsmaschine vom Typ RC-135 im internationalen Luftraum von zwei russischen SU-27 Jets abgefangen. Eigentlich auch in Kriegszeiten eine Standardoperation, wenn da nicht an diesem Tag etwas passiert wäre. Genaueres wusste man nicht. Aber seit dem Tag fliegen die britischen und US-Jets südlich der Krim mit Begleitschutz. Nun fand die BBC heraus, dass einer der russischen Jets auf die Briten geschossen hatte und zwei Raketen in der Luft waren, die aber ihr Ziel nicht trafen. Ein russischer Pilot glaubte scheinbar, einen Angriffsbefehl seiner Bodenstation gehört zu haben. Vielleicht haben wir sehr viel Glück gehabt an diesem Tag.
Abschließend: Leseempfehlung
“How to fight a war” von Mike Martin
Was man so im Urlaub liest.
Mike Martin ist ein britischer Ex-Offizier und lehrt Sicherheitspolitik am King’s College in London. Er schreibt eine Menge schlauen Kram. Darunter auch dieses Buch, das ich sehr empfehlen will. In “How to Fight a War” schreibt er ein Buch für eine/n fiktiven Staatenlenker:in, die/der sich rüsten muss. Martin führt durch moderne Führungskonzepte, die Rolle von Teilstreitkräften, Technologie und Organisationsprinzipien von Militär. Er erklärt die Bedeutung von Logistik, verbundenen Waffen, Diplomatie, Cyber und den verschiedenen Marine-Konzepten. Er erklärt das Konzept verbundener Waffen und wie Führung in westlichen Armeen, in Russland und China funktioniert. Das alles superschnell geschrieben und sehr lesenswert für Menschen, die sich nicht täglich mit Militär beschäftigen. Also ein super Intro für die meisten von uns.
Schwer lesenswert.
Das war meine kurze Ukraine-Presseschau für heute. Persönliche Hoffnung: Dass ich diesen Ukraine-Newsletter nicht mehr lange schreiben muss und dass die ukrainische Frühjahrsoffensive bald den Erfolg zeigt, der die Freiheit des Landes wiederherstellt. Wer diesen Newsletter weiterempfehlen mag: Sehr gerne.